Mythologie: Der Phönix - Teil 5 - Alchemie und Mystik

Alchemie

(von Questing Wolf)
Der Feuervogel (Phoenix) ist ein Symbol für die Wiederauferstehung. Die Bild zeigt eine Allegorie auf die Zusammenführung der dualen Prinzipien im opus magnum und die Wiederauferstehung.

Das Große Werk (opus magnum) ist ein Begriff der mittelalterlichen europäischen Alchemie, der sich auf die erfolgreiche Umwandlung des Ausgangsstoffes in Gold oder auf die Schaffung des Steins der Weisen bezieht.

Zusammenführung der dualen Prinzipien
aus Figuarum Aegyptiorum Secretarum, erschienen im 18. Jhd.
© Public Domain
 Auf der linken Seite ist das weibliche merkurische Prinzip zu sehen. Es wird durch die Königin (regina), den Mond (Luna) und den Pelikan repräsentiert. Der Pelikan ist ein in der Alchemie häufig verwendetes Symboltier. Er steht für ein doppelbauchiges Gefäß, das im oberen Teil zwei charakteristische Rohre besitzt, die wieder in den unteren Teil hinunterführen. Während des Prozesses des Siedens und Verdampfens einer Flüssigkeit wurde dieser Pelikan dicht verschlossen (die Seele darf nicht entweichen), so dass der Dampf wieder in die Flüssigkeit hinuntergeleitet und derart kondensiert wurde. Auf diese Weise wurde die so genannte zirkuläre oder rotierende Destillation eingeleitet, die nur dann erfolgreich sein konnte, wenn der Pelikan dabei dicht verschlossen blieb. Die Alchemisten gingen davon aus, dass durch diese Prozedur das Destillat immer konzentrierter und dadurch zur Essenz der prima materia (= Urstoff, Urmaterie) wurde, welche ihrerseits das Ziel der ganzen Prozedur darstellte. 

Auf der rechten Seite ist das männliche Prinzip dargestellt. Es wird durch den König (rex), die Sonne (Sol) und den Feuervogel (Phoenix) repräsentiert.

In der Mitte befindet sich die Zone des Ausgleichs. Die beiden sich umeinander windenden Schlangen symbolisieren die Vereinigung des Männlichen mit dem Weiblichen und erinnern somit an den Merkurstab (Caduceus).

Durch diesen Aufbau des Bildes (drei Säulen; links weiblich, rechts männlich, Mitte Ausgleich) wird ein Bezug zu den drei Säulen des kabbalistischen Baums des Lebens (Etz Chayyim) hergestellt. 

Darstellung des Phönix aus dem Aberdeen Bestiarium,
einer Sammlung historischer Schriften der Universität Aberdeen (USA) © PD
Links der Phönix in Flammen – rechts der wieder auferstehende Phönix.
Beide Bilder stammen aus einem Werk des 12. Jahrhunderts, nämlich der Aberdeen Bestiary.


Mystik

Freimaurer

Bei den Freimaurern erscheint der Phönix in den Templerhochgraden. Begründet ist dies in der freimaurerischen Templerlegende. Demnach soll Aumont, der angeblich erste Großmeister der Templer nach der Verbrennung von Jacques De Molay, dem offiziell letzten Großmeister des Templerordens, den Phönix in einem Siegel geführt haben mit der Schrift „Ardet ut vivat“ (Er verbrennt, auf dass er lebe).

Die Symbole, die in der Freimaurerei verwendet werden, entstammen einerseits dem Brauchtum der Dombauhütten aus der frühen Neuzeit, andererseits aber aus den Gebräuchen antiker Mysterienbünde, dem Neoplatonismus, der Alchemie, der Kabbalah und des Christentums. Die Betrachtung der Symbole dient der geistigen Vertiefung. Im Schriftentum der einzelnen Lehrarten sind sie nur andeutungsweise erklärt.


Rosenkreuzer

Bei den Rosenkreuzern wird der Phönix als Sinnbild für die Wiederauferstehung der Seele durch den Heiligen Geist angesehen. Damit dies gelingt, muss sich der Geist des Menschen durch Selbstopferung zum Phönix werden. Dieses Selbstopfer zeigt die Sage vom Pelikan, der seine Kinder durch sein eigenes Herzblut ernährt und sich damit selbst opfert. Durch die immer wieder währende Wiederkehr aus dem Tod beweist der Phönix die Unzerstörbarkeit seines Lebens.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Buchrezension: Die Herrin und der Sommerkönig

Alchemie - Teil 2